Arbeitsgerichtsprozess
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Nach dem Arbeitsgerichtsgesetz gibt es Arbeitsgerichte (1. Instanz), Landesarbeitsgerichte (2. Instanz) und das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (3. Instanz). Die Kammern der Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte sind mit einem Berufsrichter als Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besetzt.
Die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte erstreckt sich ohne Rücksicht auf den Streitwert u. a. auf alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis (z. B. Entgelt, Entgeltfortzahlung, Schadensersatz, Kündigung, Urlaub, Urlaubsgeld, Herausgabe von Arbeitspapieren und Ausstellung eines Zeugnisses), auf Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien und auf Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsverfassung). Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, oder auch der Gerichtsstand der Beklagten oder des Beklagten (z.B. Wohnsitz, Betriebssitz).
Die Klage kann schriftlich eingereicht oder mündlich zum Protokoll der Geschäftsstelle (Rechtsantragstelle) angebracht werden. Zum Zwecke einer gütlichen Einigung der Parteien findet zunächst eine Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden statt.
Bei Geldforderungen kann der Erlass eines Mahnbescheids und – wenn kein oder nicht rechtzeitiger Widerspruch eingelegt wird – der Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragt werden.
Für die Prozessvertretung gilt, dass die Parteien in der 1. Instanz den Prozess selbst führen oder sich durch einen Bevollmächtigten (z.B. Verbandsvertreter, Rechtsanwalt) vertreten lassen können. In der 2. Instanz vor dem Landesarbeitsgericht und der 3. Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht müssen sich die Parteien durch Rechtsanwälte oder Verbandsvertreter vertreten lassen (Vertretungszwang).
Die Kosten für die Prozessvertretung hat in der 1. Instanz jede Partei selbst zu tragen. Die Erstattung von Anwaltskosten und die Entschädigung wegen Zeitversäumnis (Verdienstausfall) durch die Gegenpartei sind gesetzlich ausgeschlossen. In der 2. und 3. Instanz hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die der gegnerischen Partei erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
Kann eine Partei die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen, so ist ihr auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. In der 1. Instanz wird der Partei im Rahmen der Prozesskostenhilfe ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht werden als Gerichtskosten eine einmalige Gebühr, die sich nach dem Streitwert richtet, und die Auslagen erhoben. In den Verfahren vor den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit sind die Gebührensätze niedriger als in Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Kostenvorschüsse werden nicht erhoben; das gilt auch für die Zwangsvollstreckung. Keine Gebühren werden in der Instanz erhoben, in der der gesamte Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich beendet wird.
Rechtsmittel sind Berufung, Revision und Beschwerde. Gegen die Urteile des Arbeitsgerichts findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. Berufung kann nur eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder die Berufung im Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist. Die Berufung ist immer dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen betrifft. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat, die Berufungsbegründungsfrist zwei Monate ab der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils der 1. Instanz, spätestens aber mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung. In bestimmten Fällen kann gegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Sprungrevision an das Bundesarbeitsgericht (also ohne vorausgehendes Berufungsverfahren) eingelegt werden. Gegen das Urteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie vom Landesarbeitsgericht oder auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin vom Bundesarbeitsgericht zugelassen worden ist. Die Frist für die Revision beträgt einen Monat, die Frist für deren Begründung zwei Monate. Über Beschwerden gegen andere Entscheidungen des Arbeitsgerichts entscheidet das Landesarbeitsgericht. Alle Urteile und sonstigen Entscheidungen, die mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbar sind, enthalten eine Rechtsmittelbelehrung.
Für die Zwangsvollstreckung aus arbeitsgerichtlichen Entscheidungen gelten grundsätzlich die Vorschriften der Zivilprozessordnung mit bestimmten Abweichungen hinsichtlich der Vollstreckbarkeit. Die Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind kraft Gesetzes vorläufig vollstreckbar. Ein Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nur in engen Grenzen möglich, wenn der Beklagte glaubhaft macht, dass ihm die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, und er einen entsprechenden Antrag stellt.
Arbeitsgerichtsgesetz